5. Sonntag der Osterzeit - Lesejahr C

2. 05. 2010

Evangelium nach Johannes (13,31-33a.34-35):

Als Judas gegangen war, sagte Jesus: »Ich bin nicht mehr lange bei euch, meine Kinder. Ihr werdet mich suchen; aber ich muss euch jetzt dasselbe sagen, was ich früher schon den anderen gesagt habe: Wo ich hingehe, dorthin könnt ihr nicht kommen.

Ich gebe euch jetzt ein neues Gebot: Ihr sollt einander lieben! Ge-nauso wie ich euch geliebt habe, sollt ihr einander lieben! An eurer Liebe zueinander werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid.«

Gedanken zum Evangelium

„Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger und Jüngerinnen seid, wenn ihr einander liebt.“ Liebt einander, denn daran sollen die Menschen erkennen, dass ihr zu mir gehört, Christen seid. Christsein ist mehr als viel über Jesus und über den christlichen Glauben zu wissen. Mehr als jeden Sonntag in die Kirche zu gehen, viel zu beten, viel zu spenden. All dies ist wichtig, es gehört dazu, aber es fehlt etwas Wesentliches, wenn unter Christen, in einer Pfarrgemeinde, keine Lie-be spürbar ist. „Seht wie sie einander lieben“, sagten die Außenstehenden über die ersten christlichen Gemeinden. Ob man das auch von uns sagen kann? Wir haben so – aus unterschiedlichen Gründen - unsere Schwierigkeiten mit dieser Aufforderung von Jesus.

Es beginnt schon damit, dass wir alle miteinander durch eine bestimmte einseitige und sogar oberflächliche Vorstellung der Liebe „infiziert“ sind. In Filmen, Roma-nen und Liedern wird Liebe ja einfach mit einem Gefühl gleichgesetzt. Aber die Liebe, die Jesus meint, ist nicht an erster Stelle Gefühlsseligkeit, und einander lie-ben bedeutet nicht, dass wir uns dauernd mit einem verklärten Lächeln um den Hals fallen müssen. Liebe ist nicht an erster Stelle ein Gefühl, sondern eine Tätig-keit, durch die wir versuchen das Wohlergehen des anderen zu fördern und zu vermehren.

Der 1980 verstorbene Psychoanalytiker Erich Fromm, hat ein wunderbares Buch geschrieben: „Die Kunst des Liebens“. In diesem Buch macht der deutlich, dass Lieben eine Kunst ist, eine Fähigkeit, die man lernen muss.

Es erfordert einiges Wissen um den anderen, was zu seinem Wohl beiträgt. Wenn man ein Jahr lang, jeden Sonntag neben einer Person in der Kirche sitzt und ü-berhaupt keinen Versuch startet sich ein wenig kennen zu lernen, auf einander zuzugehen. Dann kann aber aus dem „einander Lieben“, das Jesus meint nichts werden.

Darüber hinaus ist meistens – nachdem man sich ein wenig kennen gelernt hat, und ein wenig entdeckt hat, was zum Wohl des anderen beiträgt - auch viel Be-mühen notwendig, dieses Wohl zu bewirken. Lieben heißt aktiv „sorgen für“ das Leben, das Wohl und das Wachsen des anderen Menschen. Liebe hat also mit „Arbeit“ zu tun! Wenn diese aktive Fürsorge fehlt, bleibt es meistens bei einem vo-rübergehenden Gefühl, aber es ist keine Liebe.

Dieses Lieben als „Sorgen für“ hat dann auch immer mit Verantwortung zu tun. Hier geht es nicht um Pflicht, sondern um die Fähigkeit und Bereitschaft auf die ausgesprochenen und unausgesprochenen, körperlichen und psychischen Be-dürfnisse des anderen zu antworten, darauf einzugehen. Der andere geht mich etwas an. Ich versuche zu antworten auf seine Bedürfnisse.

Dieses Einander - Lieben setzt auch einen Respekt voraus. Respekt als die Fä-higkeit den anderen so zu sehen, wie er ist und seine Einmaligkeit anzuerkennen. Ich akzeptiere ihn, auch wenn ich nicht in allem mit ihm einverstanden bin. Wo uns am Wohlergehen des anderen wirklich etwas liegt, dort werden wir fähig - zumindest fähiger, Schwächen und Versagen unserer Mitmenschen auszuhalten.

Menschen, die miteinander sprechen, die miteinander feiern, die miteinander trauern, die miteinander danken, die miteinander schweigen, die miteinander be-ten, füreinander da sind, verwirklichen etwas von der Liebe Gottes. Glauben und Lieben gehören untrennbar zusammen.

Aus Zeugnissen der ersten Jahrhunderte wissen wir, dass es vor allem diese Lie-be der Christen untereinander war, die Außenstehende hellhörig machte, sie an-zog und nach Jesus fragen ließ. Hier lag und liegt eine wesentliche Wurzel für das Wachsen christlicher Gemeinden. Es gibt keine wirklich christliche Gemeinde, so-lange wir das nicht verstanden haben und solange wir es nicht praktizieren.

Zurück zum Archiv