13. Sonntag im Jahreskreis - Lesejahr C
27. 06. 2010
Evangelium nach Lukas (9,18-24):
… Jesus entschloss sich, nach Jerusalem zu gehen. Und er schickte Boten vor sich her. Diese kamen in ein samaritisches Dorf und wollten eine Unterkunft für ihn besorgen. Aber man nahm ihn nicht auf, weil er auf dem Weg nach Jerusalem war. Als die Jünger Jakobus und Johan-nes das sahen, sagten sie: Herr, sollen wir befehlen, dass Feuer vom Himmel fällt und sie vernichtet? Da wandte er sich um und wies sie zu-recht. Und sie gingen zusammen in ein anderes Dorf.
Als sie auf ihrem Weg weiterzogen, redete ein Mann Jesus an und sag-te: Ich will dir folgen, wohin du auch gehst. Jesus antwortete ihm: Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschen-sohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann.
Zu einem anderen sagte er: Folge mir nach! Der erwiderte: Lass mich zuerst heimgehen und meinen Vater begraben. Jesus sagte zu ihm: Lass die Toten ihre Toten begraben; du aber geh und verkünde das Reich Gottes!
Wieder ein anderer sagte: Ich will dir nachfolgen, Herr. Zuvor aber lass mich von meiner Familie Abschied nehmen. Jesus erwiderte ihm: Kei-ner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes.
Gedanken zum Evangelium
Christsein heißt, sich im Leben an Jesus Christus festhalten. Sich zu ihm bekennen. Aber das darf kein reines Lippenbekenntnis sein. Es heißt gleichzeitig auch wie in den Evangelien immer wieder angedeutet von Jesus in seinen Dienst genommen werden. Jeder einzelne Christ soll sich mit seinen Möglichkeiten und Talenten für das Reich Gottes einsetzen. Deswegen ist der christliche Glaube nicht „Ja“ sagen zu bestimmten Glau-benswahrheiten, sondern an erster Stelle eine Lebensweise. Wie es der Dänische Philosoph Sören Kierkegaard einmal gesagt hat: „Christus will keine Bewunderer, sondern Nachfolger.“ Es geht um unsere ganze Existenz. Das sagt Jesus im heutigen Evangelium, auf seine eindringliche Art, ganz deutlich.
Christsein, Jesus folgen also, heißt: in dem Bewusstsein leben, dass es auf dieser Welt keine absolute Sicherheit und keine bleibende Heimat und Geborgenheit gibt, nur die Geborgenheit in Gott. So hat Jesus gelebt: „Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann". Jesus hat am Morgen nicht gewusst, wo er am Abend schlafen wird. Um als Christ zu leben, braucht es eine Art Unbekümmertheit und Risikobereitschaft. Sich nicht festklammern an materielle Sicherheiten, und an nur menschliche, schein-bare, Geborgenheit. Zu unserem Christsein gehört eine ruhige und klare Entscheidung: Ja, ich möchte im Sinne Jesu leben, ich möchte mich an sei-ner Botschaft orientieren. Wenn es um das Reich Gottes geht, ist alles andere zweitrangig.
Zum Christsein gehört auch eine richtige Einstellung denen gegenüber, die keine Christen sind oder sein wollen. Wir brauchen uns nicht besser vorzu-kommen als sie. Jede schwärmerische und fanatische Haltung, ja Aggressi-on, ist fehl am Platz: Wir brauchen über niemanden Feuer und Schwefel vom Himmel herabzurufen! Wenn jemand meint, er allein ist im Vollbesitz von Gottes Wahrheit, entstehen nur Intoleranz, Glaubenskriege oder Zwietracht. Alle sind Kinder des einen Vaters, der seine Sonne aufgehen lässt über Gerechte und Ungerechte, über Gute und Böse.
Um Jesus nachzufolgen, Christ zu sein, braucht es einen kritischen Blick auf unsere Bindungen und Abhängigkeiten, auf das, was uns unfrei macht. Alles, was unseren Einsatz für das Reich Gottes behindert oder im Weg steht, sollen wir zurückstellen: Menschliche Bräuche, Verpflichtungen, auch familiäre Bindungen. „Lasst die Toten ihre Toten begraben.“ Toten-kult gut und schön. Aber das Reich Gottes ist etwas, was mit Lebenden, und nicht mit Toten zu tun hat. - „Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes.“ Unser „Ja“ soll ein „Ja“ sein. Ohne Wenn und Aber. Christsein braucht Entschiedenheit, ohne Zögern.
Ein Christ lebt in der Überzeugung, dass Gottes Reich immer Priorität hat. Unser Einsatz darf nicht verschoben werden, egal aus welchen Gründen. Das ist der Standpunkt von Jesus. Das hat er gelebt. Aber es war klar, dass er das nur konnte, weil er ein tiefes Gottesvertrauen hatte.
Jesus stellt hier keine Bedingungen. Er will uns einladen, einmal nachzuspüren, wo wir selbst verhaftet sind, welche Bindungen uns hindern uns konsequent für Gottes Reich einzusetzen, also als Christen zu leben und zu handeln.
Es gibt ein wunderschönes Gleichnis von Theillard de Chardin. Er meint, es gibt drei Möglichkeiten einen Weg zu gehen, also Christ zu sein:
„Nehmen wir eine Gruppe von Ausflüglern an, die aufgebrochen ist, einen schwierigen Gipfel zu ersteigen; und schauen wir uns diese Gruppe einige Stunden nach dem Aufbruch an. Zu diesem Zeitpunkt kann man sich vor-stellen, dass die Mannschaft sich in drei verschiedenartige Elemente auftei-len lässt.
- Die einen bedauern, die Herberge verlassen zu haben. Die Müdigkeit, die Gefahren scheinen ihnen in keinem Verhältnis zu der Bedeutung eines Gelingens zu stehen. Sie entscheiden sich zurückzukehren.
- Die anderen ärgern sich nicht darüber, aufgebrochen zu sein. Die Sonne steigt, und die Aussicht ist schön. Doch weshalb noch höher steigen? Ist es nicht besser, das Gebirge dort zu genießen, wo man sich befindet, mit-ten auf der Wiese oder mitten im Wald? Und sie legen sich ins Gras oder streifen durch die Umgebung, in der Erwartung der Stunde des Picknicks.
- Andere schließlich, die wahren Alpinisten, wenden ihre Augen nicht von den Gipfeln, die zu erreichen sie sich geschworen haben. Sie brechen von Neuem auf.
Müde Genießer Begeisterte. Drei Menschentypen, die wir im Keim jeder in der Tiefe unseres Selbst tragen und in die faktisch seit jeher die Menschheit um uns zerfiel.
Gerade in unserer Zeit brauchen wir selbstbewusste, entschiedene Christen.
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