4. Fastensonntag- Lesejahr A
03.04.2011
Evangelium nach Johannes (9,1-41)
Gedanken zum Evangelium
Die Evangelisten wollen nie eine bloße Sensationsgeschichte erzählen. Auch nicht Johannes. Er bringt Erzählungen, die immer etwas Tiefgründiges sagen wollen. Er will nicht einfach eine Story über einen Mann erzählen, der vor 2000 Jahren von seiner Blindheit geheilt wurde. Er will damit auch etwas über uns Christen sagen. Diese lange Erzählung (von der wir jetzt nur eine Kurzfassung gehört haben), berührt viele Themen. Im Glaubenskurs (Mi/Do) haben wir mehr als eine Stunde darüber gesprochen, ohne behaupten zu können, dass wir damit alles erklärt hätten. Deswegen kann ich hier nun auch nur ein Paar wichtige Themen erwähnen. Es treten hier unterschiedliche Menschen auf, aber erkennen wir nicht von ihnen allen etwas in uns selbst?
Die Jünger von Jesus stellen z.B. die Frage: „Wer ist schuld daran, dass dieser Mann blind geboren wurde? Er selbst oder seine Eltern?“ Dahinter steckt die alte Vorstellung: Unglück und Schicksalsschläge sind eine Strafe Gottes. Immer wieder hört man auch heute: „Was habe ich eigentlich getan, dass mich ein solcher Schicksalsschlag trifft? Was habe ich eigentlich getan, dass mich Gott so straft?“ Jesus durchbricht dieses Denken, indem er antwortet: „Weder er, noch seine Eltern haben gesün-digt, haben sich schuldig gemacht!“ Gott straft nicht mit Leid und Krankheit. Im Gegenteil: „Gott will heilend eingreifen“, sagt Jesus und er zeigt das dann auch, indem er den Blindgeborenen heilt. Wir können hier jetzt nicht weiter auf diese Problematik eingehen. Wichtig ist, dass wir uns an die Worte Jesu halten, wenn wir über Leid und Krankheit reden.
Und dann sind da die Pharisäer. Nach ihrer Überzeugung hat Jesus nichts mit Gott zu tun. Im Gegenteil, er ist ein Sünder, er hält sich nicht an das Sabbatgebot Gottes. Sie beharren so stark auf dieser Meinung, sie sind so stur, dass sie sogar gegen die Tatsache der Heilung dieses Mannes ankämpfen. Es kann nicht wahr sein, was nicht wahr sein darf! Sie sind die wahren Blinden, obwohl sie sehen können.
Wie oft behindert meine vorgefasste und sture Meinung nicht, dass ich die Dinge sehe, wie sie sind? Wie oft bin ich nicht blind? Wie oft bin ich nicht blind für Jesus selbst? Warum erkenne und anerkenne ich nicht, wie wichtig er für mein Leben ist? Warum lebe ich in der Praxis oft so, als ob er für mein Leben keine Bedeutung hat obwohl ich Christ bin?
Sind wir nicht wie dieser Blinde und müssen wir nicht immer mehr in unserem Glauben reifen, damit wir Jesus wirklich sehen können, wie er ist? Zuerst sagt dieser Mann, dass irgend ein Jesus ihn geheilt hat. Später nennt er ihn aber einen Propheten, der also irgendetwas mit Gott zu tun hat. Und am Ende seines Glaubensprozesses wirft er sich vor Jesus nieder, und bekennt, dass er bedingungslos an ihn glaubt. Muss unser Vertrauen zu Jesus nicht immer mehr reifen, damit wir immer weniger blind für ihn sind? Es geht in Wahrheit um unseren Glaubensweg, um die Heilung unserer Glaubensblindheit, um die Öffnung unserer Augen für Jesus. Uns müssen die inneren Augen (und das Herz) geöffnet werden, damit wir Wesentliches sehen lernen, was wir bisher zu sehen vielleicht nicht imstande waren.
Diese Erzählung vom Blindgeborenen will uns deutlich machen: Jesus kann unsere blinden Augen sehend machen für das Wesentliche im Leben. Er gibt uns eine innere Sehkraft, unser Leben neu und anders zu sehen, bejahend, guten Mutes und farbenfroh, voll Lebensfreude und Zuversicht. Jesus erfüllt uns mit Vertrauen, dass alles, was in unserem Leben geschieht, einem größeren Plan und Ziel dient. Aber dann verändert sich auch alles in uns: unser Fühlen, unser Denken, unser Handeln, unsere Worte. Wir werden ganz neu. Wir werden dann neue Menschen.
Jesus öffnet uns das innere Auge, dass wir Mitmenschen und Mitgeschöpfe nicht mehr als Feinde, sondern als Schwestern und Brüder sehen. Wir lernen es zu erkennen, dass wir die Welt verändern, wenn wir an uns selber arbeiten und uns selber ändern, anstatt das Leben und das Tun anderer zu kritisieren und zu verurteilen. Jesus öffnet uns das innere Auge, dass wir unsere negativen Sicht- und Betrachtungsweisen ablegen und positiv sehen lernen. „Wer hofft, sieht weiter, wer liebt, sieht tiefer, und wer glaubt, sieht alles in einem anderen Licht.” Im Licht von Jesus. Ich lebe als Christ.
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