FEST KREUZERHÖHUNG

September 2011

Gedanken

Jung, dynamisch, von Gesundheit, Schönheit, Kraft und Selbstvertrauen strotzend … das ist das ideale Menschenbild, das uns tagtäglich in der allgegenwärtigen Werbung begegnet. Und das Höchste der Gefühle ist „Spaß haben“. Ist das die Illusion, der Selbstbetrug des heutigen, modernen Menschen?

Tatsächlich: Für Alter, Krankheit, Schmerz, Leiden, Tod ist kein Platz. Sie werden verschwiegen, versteckt, verdrängt, aus der Öffentlichkeit verbannt. Sie machen ja Angst. Sie passen nicht zum modernen Lebensgefühl. Ist das der eigentliche Grund warum man, hier in Europa, immer wieder versucht die Kreuze aus der Öffentlichkeit zu verdrängen?

Man hat das Kreuz hier bei uns – vielleicht durch den Gewöhnungseffekt – lange Zeit verniedlicht und zu einem Schmuckstück gemacht, das man bedenkenlos trägt. Ist man sich nun wieder der wahren Bedeutung eines Kreuzes bewusst geworden? Und ist die ablehnende Haltung zum Symbol des Christentums für uns nicht ein Anlass, die Bedeutung des Kreuzes in unserem Leben neu zu überdenken?

Zunächst ist die Brutalität des Kreuzes wahrzunehmen. Besonders hier im Altarraum ist es deutlich: Am Kreuz hängt ein bestialisch getöteter Mensch. An Jesus zeigt sich, zu welch schrecklichen Taten Menschen fähig sind. Das Kreuz führt uns vor Augen, dass das Leben immer vom Tod und von Gewalt bedroht ist. Nicht nur damals, auch heute. Gewalt, Schmerz, Leiden und Tod sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Wirklichkeit. Das Kreuz ist ein Symbol für die Schattenseiten unseres Lebens. Wir müssen lernen mit ihnen umzugehen und mit ihnen zu leben.

Es ist ein wesentlicher Aspekt des christlichen Glaubens, diese Gewalt und dieses Leid anzuschauen, sie nicht zu verdrängen oder zu verschwiegen. Gewalt darf niemals vertuscht werden. Sie muss öffentlich gemacht werden.

Ein Christ muss das aushalten. Denn für uns Christen hat dieses Kreuz – durch Jesus – eine neue Bedeutung bekommen. Das Kreuz stellt die Einheit der Extreme dar. …Einerseits macht das Bild des gekreuzigten Jesus den ganzen Ernst menschlicher Not, menschlicher Verlorenheit, menschlicher Sünde, sichtbar. Andererseits erinnert es uns daran, dass es nicht aussichtslos, nicht hoffnungslos ist: Auch bei tiefstem Elend und tiefster Verlorenheit gibt es Zukunft und Heil. Leiden und Tod haben nicht das letzte Wort. Das letzte Wort hat Gott. Er überwindet alle die Menschen zerstörenden Kräfte. Das hat er uns am Leben und Sterben von Jesus deutlich gemacht, indem er ihn von der letzten, endgültigen Zerstörung gerettet und ihm eine neue Existenz gegeben hat. So wurde aus dem Kreuz, als Symbol von Leiden und Tod gleichzeitig auch ein Symbol der Hoffnung. So kann das Kreuz sogar – für Menschen, die wirklich Vertrauen zu Gott haben - eine Hilfe sein, mit der Realität von Leiden und Tod fertig zu werden. Auch im Kreuz, auch in der tiefsten Verlorenheit und Aussichtslosigkeit ist noch Heil. So ist das Kreuz in den Jahrhunderten und Jahrtausenden der Kirchengeschichte immer wieder als Bild des Trostes und der Hoffnung empfunden worden.

Sollen wir uns das nehmen lassen? Sollen wir es zulassen, dass man das Kreuz aus der Öffentlichkeit verschwinden lässt und damit aber auch die christliche Botschaft dieses Kreuzes, die Botschaft der Hoffnung wider alle Hoffnungslosigkeit? Sollen wir nicht bewusster das Kreuz „erhöhen“, zeigen, auch in der Öffentlichkeit und zwar zum Wohl der Menschen, damit sie sich nicht an Illusionen verlieren?

Ein Dichter hat einmal gesagt: „Wo das Kreuz erhoben ist, da ist kein Tod ohne Sinn, kein Grab ohne Licht, keine Schmach ohne Krone.“

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