6. So im Jahreskreis- Lesejahr A

13. 02. 2011

Evangelium nach Mathäus (5,17.20-24.27-28.33-34)

»Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Weisungen der Propheten außer Kraft zu setzen. Ich bin nicht gekommen, um sie außer Kraft zu setzen, sondern um sie zu erfüllen und ihnen volle Geltung zu verschaffen. Ich sage euch: Ihr werdet niemals in Gottes neue Welt kommen, wenn ihr seinen Willen nicht besser erfüllt als die Gesetzeslehrer und Pharisäer.«

»Ihr wisst, dass unseren Vorfahren gesagt worden ist: 'Du sollst nicht morden! Wer einen Mord begeht, soll vor Gericht gestellt werden.' Ich aber sage euch: Schon wer auf seinen Bruder oder seine Schwester zornig ist, gehört vor Gericht. Wenn du zum Altar gehst, um Gott deine Gabe zu bringen, und dort fällt dir ein, dass dein Bruder oder deine Schwester etwas gegen dich hat, dann lass deine Gabe vor dem Altar liegen, geh zuerst hin und söhne dich aus. Danach komm und bring Gott dein Opfer.

»Ihr wisst, dass es heißt: 'Du sollst nicht die Ehe brechen!' Ich aber sage euch: Wer die Frau eines anderen begehrlich ansieht, hat in seinem Herzen schon die Ehe mit ihr gebrochen. »Ihr wisst auch, dass unseren Vorfahren gesagt worden ist: 'Ihr sollt keinen Meineid schwören und sollt halten, was ihr Gott mit einem Eid versprochen habt.' Ich aber sage euch: Ihr sollt überhaupt nicht schwören! Sagt einfach Ja oder Nein; jedes weitere stammt vom Bösen..«

Gedanken zum Evangelium

Wie kann ich vor Gott bestehen? Wann bin ich in den Augen Gottes „gerecht“, d.h. wann liege ich richtig? Unter welchen Bedingungen nimmt er mich in seine Welt, in das Reich Gottes, auf? Wie kann ich mit meinem Leben und meiner Lebensweise vor Gott bestehen und nicht „durchfallen“?

Sehr religiöse Menschen zur Zeit Jesu, die Schriftgelehrten und die Pharisäer, waren der Meinung: Wenn ich mich genau an die Gebote, an die Weisungen Gottes halte, dann bin ich ein gerechter Mensch.

Jesus sieht das anders: „Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, dann werdet ihr nicht in das Reich Gottes kommen“. Dieses Gesetz zur Zeit Jesu beinhaltete 613 Bestimmungen, 248 Gebote und 365 Verbote. Sie mussten von jedem Juden zu jeder Zeit beachtet werden. Die Schriftgelehrten und Pharisäer waren selber auf eine buchstabengetreue, peinlich genaue, äußerliche Einhaltung der Gesetze bedacht und verlangten sie auch streng von allen anderen Menschen. Die göttlichen Weisungen und ihre Entfaltung in religiösen Gesetzen sollten den Menschen helfen, die Beziehung mit Gott im Alltag zu praktizieren. Die Idee ist an und für sich gut, nur besteht in der Praxis die Gefahr, dass man sich nur rein äußerlich an diese Gebote hält. Und Jesus meint: Gerecht sein ist mehr. Eure Gerechtigkeit soll größer sein.

Auch heute wird oft der Standpunkt vertreten: „Ich habe keinen umgebracht, ich habe nicht die Ehe gebrochen, ich habe keinen Meineid geschworen und ich habe nicht gestohlen. Warum sollte ich also zur Beichte gehen? Ich habe also keine Schuld auf mich geladen. Ich bin OK.“ Wer so denkt, tut als ob Schuld erst durch Mord, Ehebruch und Meineid entsteht. Aber beginnt sie nicht schon früher? Habe ich nicht vorher schon eine innere geistige und emotionale negative Entwicklung durchgemacht, bevor es zu solchen Taten kommt?

Dass man nicht morden, nicht ehebrechen und nicht lügen soll, wussten auch schon die Juden, die Griechen, die Chinesen und Inder vor Jesus und wissen auch heute Menschen, die auf ihr Gewissen hören. Wenn ihr aber zum Reich Gottes, zur neuen Welt Gottes, gehören wollt, dann müsst ihr schon Schimpfwörter meiden, mit denen ihr einen Mitmenschen vernichtend treffen, erledigen, fertig machen könnt; dann achtet ihr schon auf jene Regungen des Zorns, der Rücksichtslosigkeit, der Rachsucht, aus denen Tötungsabsichten hervorgehen können. Und wenn ihr ganz in Liebe leben wollt, so wie Gott es von euch erwartet, dann schätzt ihr auch den Wert der Ehe so hoch, dass ihr nicht nur gerade noch einen Ehebruch vermeidet, sondern alles, was ihn in eurem Hirn vorbereiten könnte. Dann versucht ihr nicht nur das Lügen zu vermeiden, vielmehr ist euch dann das Nicht-Betrügen der Mitmenschen, die Wahrhaftigkeit, so wichtig, dass ihr keine Eide mehr zu schwören braucht, weil man sich auf euer Wort absolut verlassen kann.

Wer zur Welt Gottes gehören will darf nicht bei reiner Äußerlichkeit stehen bleiben. Jesus geht es nicht um „Dienst nach Vorschrift“, sondern um Lebensvertiefung! Es geht hier um die Lebenseinstellung: Alles, was ich tue, soll echt, wahrhaft und mit Liebe geschehen! Meine innere Einstellung und meine äußeren Taten sollen übereinstimmen. Es geht um unser Herz, unsere ganze Person mit Verstand und Gefühl. Es geht um innere Einsicht, die innere Reife und Menschlichkeit – in den Augen Gottes!

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