7 . So im Jahreskreis- Lesejahr A

20. 02. 2011

Evangelium nach Mathäus (5,38-48)

Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin.

Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel.

Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm.

Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab.

Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten, und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.

Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden?

Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist.

Gedanken zum Evangelium

„Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, halte ihm auch die andere hin! Leistet dem Bösen keinen Widerstand! Liebt eure Feinde!“ Solche Worte sind dem heutigen Lebensgefühl so fremd wie nur was. Wo kämen wir denn hin, wollte man sich alles gefallen lassen! Wer heute was werden will, muss sich durchsetzen können, muss die Ellbogen gebrauchen.

Wo kommen wir wirklich hin ... mit dieser Art des Denkens, mit dieser Einstellung? Ist es nicht so, dass brachiale Gewalt und Gewalt mit Worten in unserer Gesellschaft zunehmen: Auf den Straßen, in der Nachbarschaft, in den Familien? Steht es nicht jeden Tag in der Zeitung? Wie viele Filme und Sendungen gibt es in den Kinos und im Fernsehen noch ohne Gewalt und Aggression? Es ist, als ob das „normal“ wäre! Wo kommen wir denn da hin?

Ob in der großen Politik oder in unserem Privatleben: Wenn jeder Schlag einen Gegenschlag provoziert, jedes böse Wort ein weiteres böses Wort, wenn niemand bereit ist, aus diesem Teufelskreis von Rache und Vergeltung auszuscheren, ihn einfach zu stoppen, nicht mehr mitzumachen – wenn niemand dazu bereit ist, steht am Ende nur Zerstörung. Schon der gesunde Menschenverstand müsste uns sagen: Jesus hat Recht. Hass und Rache führen in eine Sackgasse.

„Auge um Auge und Zahn um Zahn“. Dieses Prinzip wurde einmal als Einschränkung einer exzessiven Blutrache eingeführt. „Auf keinen Fall sollst du dich mehr rächen oder dem andern etwas Schlimmeres antun, als du selbst erlitten hast“, wollte das Gesetz sagen. Ein Versuch also, die Gewalt einzudämmen.

Jesus nun vertieft diese Forderung, indem er zu Verzicht auf Rache und Strafe auffordert! Er macht hier keine gesetzlichen Vorschriften, sondern er macht deutlich, dass wir das Böse sich totlaufen lassen können, indem wir z.B. aggressiven Menschen mit entwaffnender Großzügigkeit begegnen. Eine solche Güte ist keine Schwäche, sondern Zeichen innerer Stärke.

„Hat dein Feind Hunger, gib ihm zu essen, hat er Durst, gib ihm zu trinken; so sammelst du glühende Kohlen auf sein Haupt ...“: du sprichst so sein Gewissen an, das in ihm zu brennen beginnt.

Mehr noch: Du sollst für deine Verfolger beten. Spätestens beim Gebet, beim Gespräch mit Gott, wird deutlich, dass Hassgefühle und Gottesglaube nicht zusammenpassen.

„Mache es wie Gott!“ sagt Jesus. „Er lässt es regnen über Gute und Böse“. Er hat Geduld mit allen. Er will die Bösen nicht ausrotten, sondern für sich gewinnen. Der Prophet Ezechiel sagt: „Gott will nicht den Tod des Schuldigen, sondern dass er umkehrt.“ Es geht darum, Unrecht, das uns von anderen droht, mit allen rechtlichen Mitteln zu bekämpfen (Jesus hat sich selbst auch verteidigt und sich nicht alles gefallen lassen), doch den Täter selbst nicht hassen, d.h. nicht vernichten wollen, sondern ihm das Recht auf Leben zugestehen.

Die Geschichte lehrt, dass diese Haltung der Gewaltlosigkeit nicht naiv und unrealistisch ist: Inspiriert von der Bergpredigt ...

  • lehnt der berühmte Schriftsteller Tolstoi im 19. Jh. schon Krieg und Todesstrafe ab;
  • Mahatma Gandhi befreit mit Methoden gewaltfreien Widerstandes sein Land Indien von der englischen Kolonialmacht
  • M. L. King erreicht in den USA ohne Gewalt die Abschaffung der Rassen-trennung
  • 1986 haben sich die Filipinos nahezu unblutig von der 20-jährigen Marcos-Diktatur befreit („Rosenkranzrevolution“)
  • 1989 wurde das DDR-Regime durch gewaltlose Demonstrationen gestürzt
  • 1994 wurde in Südafrika die Rasentrennung (Apartheit) mit Nelson Mandela – ohne die befürchtete Rache der Schwarzen – beendet
  • und auch die jüngste Revolution in Ägypten wurde, wie es ausschaut - dank der Gewaltlosigkeit – zu einem Erfolg geführt.

Jesus hat Recht: Hass, Rache und Gewalt führen in eine Sackgasse.

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