6. OSTERSONNTAGLesejahr A29. Mai 2011 |
|||
Evangelium nach Johannes 14, 15-21:
»Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote befolgen. Und ich werde den Vater bitten, dass er euch an meiner Stelle einen anderen Helfer gibt, der für immer bei euch bleibt, den Geist der Wahrheit. Die Welt kann ihn nicht bekommen, weil sie ihn nicht sehen kann und nichts von ihm versteht. Aber ihr kennt ihn, denn er wird bei euch bleiben und in euch leben. Ich lasse euch nicht wie Waisenkinder allein; ich komme wieder zu euch. Es dauert noch eine kurze Zeit, dann wird die Welt mich nicht mehr sehen. Aber ihr werdet mich dann sehen, und ihr werdet leben, weil ich lebe. Wenn dieser Tag kommt, werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater lebe und dass ihr in mir lebt und ich in euch. Wer meine Gebote annimmt und sie befolgt, der liebt mich wirklich. Und wer mich liebt, den wird mein Vater lieben. Auch ich werde ihn lieben und ihm meine Herrlichkeit offenbaren.« Gedanken zum Evangelium „Ja, ich glaube an Gott!“ „An welchen Gott denn?“ „An den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist.“ „Und wo erfährst du diesen Gott?“ „Hier zum Beispiel, in der Kirche.“ „Und wo noch?“ „Manchmal mitten im Alltag.“ „Und wo noch?“ „Wo sollte ich ihn denn noch erfahren können?“ Die Antwort auf diese Frage finden wir im heutigen Evangelium. Wir glauben, ja! Viele von uns, die meisten wohl, von klein auf. Wir achten die Gebote, versuchen als gute Menschen zu leben, üben Barmherzigkeit und denken immer wieder bewusst über unser Leben nach. Wir sind im Glauben aufgewachsen. Ist aber unser Glaube mitgewachsen? Ist er reifer geworden? Kardinal Carlo Martini, der viele Bücher geschrieben hat, hat einmal gesagt: „Der Evangelist Johannes gilt als „Evangelist des reifen Christen“. Er geht in die Tiefe, an die Wurzeln. Deswegen ist es im ersten Augenblick oft schwierig zu verstehen, was er sagt oder besser: sagen will. Was das heutige Evangelium bestätigt. Eines ist ganz klar: Christsein, an Jesus Christus glauben, ist vielmehr als ein Fürwahrhalten von bestimmten Wahrheiten über Jesus Christus. Es gibt im Leben viele Wahrheiten, die uns nicht persönlich berühren. Ich kann zwar sagen: „Ja, das stimmt!“ , ohne zu überlegen, ob diese Wahrheit für mein Leben eine Bedeutung hat, ohne dass sie Konsequenzen für mich hat. Also für mich ist diese bestimmte Wahrheit dann bedeutungslos. Bei unserem Christsein geht es um mehr als „für wahr halten“, nämlich um eine tiefe Beziehung zu Jesus Christus. Christlich Glauben heißt, in einer tiefen Verbundenheit mit Jesus Christus leben. Wir alle wissen aus eigener Erfahrung, wie kompliziert Beziehungen sein können. Wie unterschiedlich tief sie sein können. Oft auch anstrengend. Oft müssen wir um sie ringen. Und trotzdem: Eine gelungene Beziehung ist beglückend. Über diese Beziehung redet das heutige Johannesevangelium. Jesus selbst sagt hier, wie er sich unsere Beziehung zu ihm vorstellt: Es soll eine Liebesbeziehung sein, also die tiefste menschliche Beziehung, die es gibt. „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote befolgen.“ Und dies ist mein Gebot: Liebt einander. Daran sollen andere erkennen, dass ihr meine Freunde seid. Das ist nicht so einfach, ja das ist eigentlich nur möglich, wenn wir Jesus lieben : „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote befolgen.“ Wenn ihr mich liebt, tut ihr automatisch das Richtige. Ihr könnt dann gar nicht mehr anders, als meine Gebote zu halten. Bei Jesus ist Lieben natürlich nicht bloß ein schönes Gefühl. Liebe ist immer auch Tun. Diese „Liebeskraft“ ist aber die Kraft Gottes, des Vaters, die ins uns wirksam ist. Schon in der Schöpfungsgeschichte heißt es: Wir sind von Gott geformt „aus Erde vom Ackerboden“ und sind erfüllt von seinem Lebensatem. Gott ist also auch in uns wirksam, wo wir in uns seine Lebenskraft, die Liebe spüren und diese dann in Taten umsetzen. Jesus möchte, dass wir mit ihm verbunden leben, damit wir so auch zu einer Beziehung zu Gott selbst finden, ähnlich wie seine eigene Beziehung zum Vater ist. „Ich bin in Gott und Gott ist in mir“, sagt er. So soll Gott auch in euch sein! Was das heißt, kann jeder nachempfinden, der einen anderen Menschen liebt und sich von ihm geliebt weiß. Auch wenn ich räumlich viele Kilometer von ihm entfernt bin, ist dieser geliebte Mensch in mir! Und er bewirkt in mir Freude, Zufriedenheit, auch Glücksgefühle. Deswegen sagt Jesus: Wer mich liebt, wird von meinem Vater geliebt und wir werden in ihm innewohnen. "Warum gehe ich also in die Kirche?" - „ Warum engagiere ich mich in der Gemeinde?“ - Weil ich Jesus liebe. Weil Gottes Kraft in mir sich in meinen Taten ausdrücken will. Das ist erwachsener Glaube. |
|||