7. OSTERSONNTAG

Lesejahr A

5. Juni 2011

Evangelium nach Johannes: Joh. 17,1-11a

»Vater, die Stunde ist gekommen! Setze deinen Sohn in seine Herrlichkeit ein, damit der Sohn deine Herrlichkeit offenbar machen kann. Du hast ihm ja die Macht über alle Menschen gegeben, damit er denen, die du ihm anvertraut hast, ewiges Leben schenkt. Und das ewige Leben besteht darin, dich zu erkennen, den einzig wahren Gott, und den, den du gesandt hast, Jesus Christus.

Ich habe deine Herrlichkeit auf der Erde sichtbar gemacht; denn ich habe die Aufgabe erfüllt, die du mir übertragen hast. Vater, gib mir nun wieder die Herrlichkeit, die ich schon bei dir hatte, bevor die Welt geschaffen wurde!

Ich habe dich den Menschen bekannt gemacht, die du aus der Welt ausgesondert und mir anvertraut hast. Dir haben sie schon immer gehört, und du hast sie mir gegeben. Sie haben sich nach deinem Wort gerichtet und wissen jetzt, dass alles, was du mir gegeben hast, von dir stammt. Ich habe ihnen die Worte weitergesagt, die du mir gegeben hast, und sie haben sie aufgenommen. Sie haben erkannt, dass ich wirklich von dir komme, und sind zum Glauben gekommen, dass du mich gesandt hast.

Für sie bete ich. Ich bete nicht für die Welt, sondern für die Menschen, die du mir gegeben hast; denn sie gehören dir. Alles, was mir gehört, gehört auch dir, und dein Eigentum ist auch mein Eigentum. Durch sie wird meine Herrlichkeit sichtbar. Ich bin jetzt auf dem Weg zu dir. Ich bleibe nicht länger in der Welt, aber sie bleiben in der Welt.

Gedanken zum Evangelium

„Tust du auch beten?“ wird ein Erstkommunionskind gefragt. „Ja“ antwortet das Kind überzeugt. „Oft?“ - „Ja!“. „Wie oft?“ - „Vor jeder Religionsstunde!“ Wie oft habe ich schon ein ähnliches Gespräch erlebt! Für Kinder, die so denken, ist Beten etwas, was sie nur mit der Religionsstunde verbindet, aber sonst nirgends in ihrem Leben Platz hat. Es gehört nicht zu ihrem normalen, alltäglichen Leben. Es ist für sie „lebensfremd“.

Beten Sie auch? Oft?

In den heutigen biblischen Lesungen beten die Apostel, zusammen mit einigen Frauen und mit Maria, der Mutter Jesu. Und auch Jesus selbst betet. Die Apostel haben Jesus immer wieder erlebt als einen, der in seinem Glauben und Leben ganz auf den Vater hin orientiert ist. Sie erlebten seine innige Beziehung zum Vater. Das hat sie fasziniert. Deswegen bitten sie Jesus auch eines Tages: „Herr, lehre uns beten!“(Lk 11,1), obwohl sie auch vertraut gewesen sind mit den religiösen Praktiken und Gebeten ihrer Zeit.

Und wie betet Jesus? Er „erhebt die Augen zum Himmel” steht da. D.h.: Er wendet sich in Gedanken, mit Herz und Seele zu Gott hin. Und Jesus sagt zu Gott: „Nicht für die Welt bitte ich”. Mit „Welt” sind hier die Menschen gemeint, die sich Gott und seiner Liebe noch verschließen, die noch nicht zum Glauben an Gott gefunden haben. Es geht Jesus hier also nicht um „die Menschen“, sondern um seine Freunde, seine Jünger, seine Christen, um uns.

Und was sagt Jesus zu Gott, seinem Vater? „Ich habe dich meinen Freunden bekannt gemacht.“ Er redet Gott mit „lieber Vater” an. Aus dieser Anrede ist innige Verbundenheit und Vertrautheit, Urvertrauen des Kindes zum Vater herauszuhören. Gott ist nicht länger einer, der uns Angst einflößt und der mit Gewalt und mit aller Macht unser Leben beherrschen will. Gott hat sich in Jesus als Freund unseres Lebens gezeigt. Er will für uns das Leben, das „ewige Leben“. „Das ist das ewige Leben: dich, den einzigen wahren Gott, zu erkennen und Jesus Christus, den du gesandt hast“

Wer sich also auf Jesus einlässt, wird Gott als liebenden Vater erfahren – und daraus das Leben gewinnen: Leben – nicht als ein bloßes Dahinvegetieren, kein willenloses Sich-Treiben-Lassen, kein ängstliches Sich-Festkrallen – sondern ein Leben, das getragen und begleitet ist von einer Kraft, die stärker ist als jeglicher Tod, ein sinnvolles, sinnerfülltes Leben.

Mit „ewigem Leben“ meint Jesus also nicht die „Lebensdauer“, sondern die „Lebensqualität“: ein Leben, das ganz ist, dem nichts mehr fehlt”, „volles Leben”, „vollendetes Leben”. Das ist so schön, so „herrlich“, dass er aus Dankbarkeit Gott deswegen „verherrlicht“. „Du bist herrlich”, das bedeutet: du bist wunderbar, du bist für mich kostbar und wertvoll, der Wichtigste, du bist großartig, du bist einmalig für mich.”

Wenn wir also beten, drücken wir sprachlich unsere tiefe Verbundenheit mit Gott aus. Wir anerkennen ihn, wir bringen unser Leben vor ihm zur Sprache, ohne irgendetwas auszuschließen. Nur durch diese innige Verbundenheit mit Gott finden wir zum echten, erfüllten, also ewigen Leben, schon hier und jetzt.

Wie lebendig ist unsere Beziehung zu Gott? Wie oft beten wir? Nur am Sonntag in der Kirche – wie diese Kinder nur vor der Religionsstunde? Ist das nicht zu wenig für einen lebendigen Glauben? Sollten wir nicht allein, privat und auch miteinander öfter beten und so unsere persönliche Beziehung zu Gott intensiver pflegen? Nicht nur am Sonntag, sondern auch während der Woche – und zwar aus einem inneren Bedürfnis heraus! Nur eine Pfarrgemeinde, die intensiv betet, ist christlich und hat eine Zukunft.

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