Stephanitag - Lesejahr A
26. 12. 2010
Evangelium nach Mt (10,17-22)
Jesus sagte: »Das muss euch klar sein: Ich sende euch wie Schafe mitten unter Wölfe. Seid klug wie die Schlangen und doch ohne Hinterlist wie die Tauben. Nehmt euch in Acht vor den Menschen! Sie werden euch an die Gerichte ausliefern und in ihren Synagogen auspeitschen. Auch vor Statthalter und Könige werdet ihr um meinetwillen gestellt werden, um auch vor ihnen, den Vertretern der nichtjüdischen Völker, als Zeugen für mich auszusagen.
Wenn sie euch an die Gerichte ausliefern, dann macht euch keine Sorgen, was ihr sagen sollt oder wie ihr es sagen sollt. Es wird euch im entscheidenden Augenblick schon eingegeben werden. Nicht ihr werdet dann reden, sondern der Geist eures Vaters wird aus euch sprechen.
Ein Bruder wird den andern dem Henker ausliefern und ein Vater seine Kinder. Kinder werden sich gegen ihre Eltern stellen und sie in den Tod schicken. Alle werden euch hassen, weil ihr euch zu mir bekennt. Aber wer bis zum Ende standhaft bleibt, wird gerettet.
Gedanken zum Evangelium
Wirklich an Jesus glauben, kann weit reichende Konsequenzen haben. Der Märtyrertod des Stephanus, nur einige wenige Jahre nach dem Tod Jesu, ist ein Beleg dafür. Sehr lange ist mir diese Erzählung über Stephanus wie eine erbauliche, alte, fast märchenhafte Geschichte vorgekommen. Aber besonders in unserer heutigen Zeit scheint sie mir immer realistischer und aktueller zu werden.
Erst vorgestern las ich auf einer Seite im Internet: „94 Parlamentarier aus 15 Nationen unterzeichneten einen Brief, der an den US-Präsidenten übergeben wurde: "Verfolgung der Christen bedroht die Grundlagen der Demokratie im Irak…“ Die Politiker appellieren, den Schutz der verfolgten Minderheiten zur absoluten Priorität zu erklären… „Wir sind ernsthaft beunruhigt über fortgesetzte Angriffe auf Kirchen im Irak, einschließlich des jüngsten Überfalls auf die Kirche in Bagdad. (...) Wir sind entsetzt über die grausamen Übergriffe Bewaffneter, die in christliche Häuser einbrechen und Zivilisten töten, über die erschütternden Berichte, dass ältere Christen erwürgt in ihren Wohnungen aufgefunden wurden." So dieser Brief. Noch bei Kriegsbeginn 2003 lebten rund 1,5 Millionen Christen im Irak, jetzt weniger als ein Drittel davon. Höhepunkt des Terrors war das Blutbad am 31. Oktober, als in einer Kirche in Bagdad islamistische Geiselnehmer 58 Christen, darunter Kinder und Babys, ermordeten. Tausende von irakischen Christen fliehen Woche für Woche aus ihrem Land.
Christenverfolgung findet heutzutage in 64 Ländern der Welt statt. Religionsfreiheit zählt zwar heute zu den selbstverständlichen Grundwerten in Europa. Aber nicht so in manchen mehrheitlich islamischen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens. Dort leben Christen oft gefährdet, werden verfolgt, benachteiligt, mit dem Tode bedroht.
In einer Ansprache erwähnte Papst Benedikt XVI. Christen seien heute die am meisten verfolgte Glaubensgemeinschaft auf der Welt: Ein Zustand, der in unserer Öffentlichkeit kaum bekannt ist und den wir so nicht schweigend hinnehmen dürfen.
Christen leiden in vielen Ländern nicht nur an einem Mangel an Religionsfreiheit, ihnen wird auch eine Vielzahl anderer Rechte vorenthalten: das Recht auf den Schutz vor willkürlicher Verhaftung, das Recht auf ein faires Verfahren, das Recht auf Zugang zu Gerichten, die Minderheitenschutzrechte, und nicht zuletzt das Folterverbot. Rund 80 Prozent aller wegen ihres Glaubens verfolgten Menschen sind Christen.
Das ist auch der Fall in den noch kommunistischen Ländern wie Nordkorea, Laos, China, Kuba und Vietnam. Während für die Kirche in Chi-na inzwischen relativ bessere Zeiten angebrochen sind, sind vor allem in Nordkorea die Zustände katastrophal. Christen werden als Staatsfeinde angesehen und verfolgt. So werden dort beispielsweise der Besitz einer Bibel oder die Bildung eines Gebetskreises nicht toleriert. Zwischen 50.000 und 70.000 Christen sind aufgrund ihrer Religion in Nordkorea Inhaftiert.
In Iran werden besonders Christen muslimischer Herkunft beobachtet, verhaftet oder sogar misshandelt. Aus Angst vor Verfolgung treffen sie sich heimlich in Hausgemeinden. Bei Hausdurchsuchungen abgeführte zum Christentum Bekehrte werden verhört, bedrängt und misshandelt, um etwa die Namen von anderen Hausgemeindechristen zu erpressen. Wer freikommt, wird weiter bespitzelt. Doch von einigen Gefangenen fehlt bis heute jede Spur. Ob sie noch leben, ist unbekannt.
Saudi-Arabien zählt zu den Ländern mit der stärksten Christenverfolgung. In dem streng islamischen Königreich gibt es nur vier Prozent Christen, die meisten sind Ausländer. Als ehemalige Muslime halten einheimische Christen ihren Glauben oft geheim.
Im Norden Nigerias kommt es immer wieder zu gewaltsamen Übergriffen auf Christen. Mehrere überwiegend christliche Dörfer wurden im März 2010 von Extremisten überfallen.
Eine christliche Menschenrechtsorganisation hat eine Liste mit rund 50 Ländern zusammengestellt, in den Christen verfolgt werden. An erster Stelle kommt Nordkorea (1), Iran (2), Saudi-Arabien (3), Somalia (4), Malediven (5), Afghanistan (6), Jemen (7), Mauretanien (8), Laos (9), Usbekistan (10). Der sgn. „christliche“ Westen schweigt. Aber Stephanus ist auch heute! Beten wir in diesem Gottesdienst für alle Christen in dieser Welt, die in diesem Augenblick leiden müssen, weil sie an Jesus Christus glauben!
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