Christtag 2011

Evangelium nach Johannes (1,1-18):

Am Anfang war das Wort. Das Wort war bei Gott, und in allem war es Gott gleich. Von Anfang an war es bei Gott. Alles wurde durch das Wort geschaffen; und ohne das Wort ist nichts entstanden. In ihm war das Leben, und dieses Leben war das Licht für die Menschen. Das Licht strahlt in der Dunkelheit, aber die Dunkelheit hat sich ihm verschlossen.

Das wahre Licht, das in die Welt gekommen ist und nun allen Menschen leuchtet, ist Er, der das Wort ist. Er, das Wort, war schon immer in der Welt, die Welt ist durch ihn geschaffen worden, und doch erkannte sie ihn nicht. Er kam in seine eigene Schöpfung, doch seine Geschöpfe, die Menschen, wiesen ihn ab. Aber allen, die ihn aufnahmen und ihm Glauben schenkten, verlieh er das Recht, Kinder Gottes zu werden.

Das werden sie nicht durch natürliche Geburt oder menschliches Wollen und Machen, sondern weil Gott ihnen ein neues Leben gibt. - Er, das Wort, wurde ein Mensch, ein wirklicher Mensch von Fleisch und Blut.

Er lebte unter uns, und wir sahen seine Macht und Hoheit, die göttliche Hoheit, die ihm der Vater gegeben hat, ihm, seinem einzigen Sohn.

Gottes ganze Güte und Treue ist uns in ihm begegnet.

Gedanken zum Evangelium

Wer ist dieser Jesus von Nazareth? Welche Bedeutung hat er? Wie wichtig ist er für unser Leben? Diese Fragen wollen alle Evangelisten durch ihr Evangelium beantworten. Aber jeder macht es auf seine Weise. Lukas macht es – wie wir in der vergangenen Nacht gehört haben – mit einer volkstümlichen Krippengeschichte in Bethlehem. Johannes tut es auf seine tiefsinnige, philosophische Art. Er spielt mit Worten, Begriffen, Bildern: „Das Wort“, „Finsternis“ und „Licht“. Er stellt die Frage nach dem „Woher“ Jesu, nach seinem Ursprung bei Gott.

Dieser Gott äußert sich, drückt sich aus, macht sich bekannt, sucht Beziehung in seinem Wort, das in Jesus menschlich hör- und erfahrbar und verständlich geworden ist. So bringt dieser Jesus Licht, er erhellt unseren Lebensweg.

Aber – und das ist nun das Drama: Die Welt erkennt das nicht, versteht nicht, dass Jesus Gottes Wort an sie ist. Der große, unbekannte, unsichtbare Gott war in Jesus ganz nah bei den Menschen, war mitten unter uns. Aber er wurde nicht erkannt, nicht anerkannt. In Jesus, in seinen Worten und Taten, in seinem Leben und Sterben, ist etwas von Gott aufgeleuchtet. Gott hat sein Gesicht gezeigt. Er hat gesagt, wer er für uns sein will und wie wir zu ihm finden können. Jesus ist der Weg zum Vater. „Wer mich sieht, sieht den Vater.“

Ich brauche Jesus, um zu Gott zu finden. Sonst bleibt Gott unendlich weit weg, eine unbekannte, vielleicht Angst einflößende, unpersönliche Macht, von der ich nicht weiß, ob sie mir wohlgesinnt ist oder der ich total unbedeutend und egal bin. Durch Jesus, das Wort Gottes, weiß ich, dass ich zu Gott eine persönliche Beziehung haben kann und darf. Ich bin für ihn keine austauschbare Nummer, sondern ein Mensch, mit eigener Persönlichkeit und eigenem Namen. Ich habe Ansehen, weil er, Gott, mich ansieht. Seine Wertschätzung befreit mich davor, mir selber einen Namen machen zu müssen.

Was ist das für eine Befreiung für alle, die ihre Würde verloren haben: für Menschen am Rand, für Menschen, die zu viel zum Sterben und zu wenig zum Leben haben, für Menschen, mit denen wie mit Material gerechnet wird – ein Kostenfaktor, für Menschen, die ihre Würde verkaufen, und manchmal sogar müssen - damit sie überleben.

Gott hat durch Jesus zu uns gesprochen. Um verstehen zu können, was er uns sagen will, müssen wir also in der Hl. Schrift lesen, sie meditieren, Jesu Leben immer wieder neu mitgehen, jedes Kirchenjahr wieder neu seine Geburt, sein Leben und Wirken, sein Sterben, seine Auferstehung bedenken, um so Jahr für Jahr näher an Gottes Wort und an Gottes Willen heranzukommen. Gott muss im Laufe meines Leben immer realer für mich werden. Deswegen kann Weihnachten ein Neuanfang auf unserem Glaubensweg sein. Gott hat gesprochen, wir freuen uns darüber und sind ihm dankbar. Deswegen feiern wir Jesus und seinen Geburtstag.

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