4. SONNTAG DER OSTERZEIT

29 April 2012

Evangelium nach Johannes (21.15-19):

Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer! Zum zweiten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! Zum dritten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Hast du mich lieb? Er gab ihm zu Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich lieb habe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! Amen, amen, das sage ich dir: Als du noch jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst. Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen würde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!

Gedanken zum Evangelium

Es war die erste persönliche Begegnung zwischen Jesus und Petrus. Seit sie sich das letzte Mal gesehen haben, ist vieles passiert. Beim Letzten Abendmahl hat Petrus noch großartig geredet: „Ich will dir überall hin folgen. Mein Leben will ich für dich hingeben!“ Aber dann kommt die Stunde der Wahrheit: Als Jesus gefangen genommen wird, fliehen alle seine Freunde. Auch Petrus. Er macht zwar noch einen heimlichen Versuch zu erfahren, was mit Jesus geschieht, aber wenn er dann entdeckt wird und man sagt: „Du gehörst auch zu diesem Jesus!“, dann leugnet er das, bis zu drei Mal. „Ich kenne diesen Jesus nicht“, sagt er. Er hat Angst um sich selbst, will seine eigene Haut retten und verleugnet deswegen seine Freundschaftsbeziehung zu Jesus.

Jetzt findet eine erste Begegnung zwischen Petrus und dem auferstandenen Jesus statt. Kann Jesus einfach so tun, als ob nichts gewesen ist? Muss da nicht etwas geklärt werden? Oder muss Petrus so mit seiner Schuld und mit seinem schlechten Gewissen weiterleben? Ist da eine Versöhnung möglich?

Mit keinem Wort spricht Jesus direkt das Versagen und die Untreue von Petrus an. Aber er tut es trotzdem sehr taktvoll, indirekt. Er stellt Petrus drei Mal die Frage: „Liebst du mich?“ Eine ungewohnte Vorgangsweise, aber Petrus kapiert. Er wird ganz traurig, kleinlaut, bescheiden: „Herr, du weißt alles...! Du durchschaust mich. Du kennst meine Schwäche. Aber, du weißt auch, dass ich dich trotzdem liebe.“ Die Erfahrung seiner Schuld hat Petrus demütig gemacht.

Jesus macht ihm keine Vorwürfe. Er will das Versagen des Petrus nicht in allen Einzelheiten nochmals breitreden. Was gewesen ist, ist nicht mehr so wichtig. Es geht um die Gegenwart und um die Zukunft. „Liebst du mich?“ fragt Jesus. Das ist jetzt das alles Entscheidende. Und wenn das der Fall ist, gebe ich dir jetzt einen Auftrag: „Weide meine Schafe!“ Jesus gibt seine Lebensaufgabe in die Hände dieses schwachen Menschen. Dieser Auftrag ist Ausdruck von Vergebung und neuem Vertrauen. Petrus wird in dieser Begegnung von Jesus rehabilitiert.

Jesus tut das mit dem Bild eines Hirten, ein Bild, das in der Bibel sehr verbreitet ist. Es ist nichts Romantisches. Es geht um den Einsatz bis zum Äußersten für die ihm anvertrauten Menschen - so wie Jesus seine eigene Aufgabe verstanden und sich selbst als guter Hirte betrachtet hat. Petrus bekommt die wichtige Aufgabe für die Gemeinden Hirte zu sein, für sie zu sorgen, sie zu schützen, sie zusammenzuhalten. Aber Jesus sagt auch deutlich: „Weide meine Schafe.“ Sie gehören nicht Petrus. Sie sind ihm nur anvertraut. Er soll sich darum sorgen, dass sie ihre Beziehung zu Jesus nicht verlieren.

Eine tief-menschliche, hochdramatische Szene. Sie macht uns deutlich, wie wir auch heute jedes Amt in der Kirche verstehen sollen. Es darf hier nicht um Macht gehen, sondern um Dienst und Sorge. Christen sollen in Verbindung mit Jesus leben und kirchliche Amtsträger sollen ihnen dabei helfen. Diese Amtsträger sind selbst keine vollkommenen Menschen, wie es auch Petrus nicht war. Besonders in unserer Medien-Zeit, wird das immer wieder unter Beweis gestellt. Trotzdem werden sie von Jesus in seinen Dienst genommen und beauftragt. Jesus wagt es mit ihnen, schenkt ihnen sein Vertrauen.

Damit sie aber ihren Auftrag richtig erfüllen können, gibt es nur eine Grundvoraussetzung, nämlich, dass sie die Frage von Jesus positiv beantworten können: „Liebst du mich?“

Heute brauchen wir als Kirche besonders solche Menschen. Und um sie bitten wir am Tag der kirchlichen und geistlichen Berufe.

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