30. Mai 2013
Wie oft habe ich das früher, als Kind, gehört: „Mit Brot spielt man nicht!“ Ein Stück Brot wegzuschmeißen wurde zutiefst verurteilt. Brot war lebenswichtig, es war ein Grundnahrungsmittel. Ein Leben ohne Brot war nur schwer vorstellbar. Das hat sich geändert. Unsere Einstellung zum Brot, unsere Bewertung des Brotes ist anders geworden. Die Regale der Supermärkte sind ja überfüllt und spiegeln unsern Überfluss. In einem Interview habe ich einmal gehört, dass Bäckereien viel mehr Brot backen, als sie an einem Tag brauchen, denn es schaut nicht gut aus, wenn ein Brotregal halb leer ist, dann wird nicht mehr gekauft. Das überschüssige Brot wird dann weggeschmissen. So geht es in unserer Konsumgesellschaft.
Ist das vielleicht auch ein Grund, warum wir heutzutage nicht mehr so stark von den Worten Jesu beeindruckt sind, wenn er sagt: „Ich bin das Brot des Lebens?“ In seiner Gesellschaft war das Brot für das Leben noch alles entscheidend! Und als Jesus beim letzten Abendmahl Brot brach und sagte: „Das ist mein Leib“ - was in unserer heutigen Sprache so viel heißt wie: „Das bin ich“ - dann spricht er eine menschliche Grunderfahrung an um deutlich zu machen, was er für uns sein und bedeuten will. Ich bin für euch so lebensnotwendig wie Brot, ich bin für euch wie eine Grundnahrung. „Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben.“ Eine sehr starke Aussage, ein unglaublich weitreichendes Versprechen!
Wie das Brot euch physisch am Leben erhält, so halte ich euch menschlich-geistig am Leben. Verstehen wir, was das bedeutet? Diese Worte von Jesus müssen wir tief in unser Herz einsickern und dort wirken lassen. Sie können uns grundsätzlich beleben, ja aus uns andere Menschen machen.
Jesus spricht hier unseren Hunger an, den wir immer wieder mit Brot stillen. Aber tief in uns gibt es noch einen anderen Hunger nach wirklichem, echtem, wahrem, erfülltem Leben. Es ist unsere Ur-Sehnsucht, dass wir in guten menschlichen Beziehungen leben und dort gut aufgehoben und geborgen sind – das Verlangen nach Verbundenheit in einer Familie, nach guten Freunden, nach Menschen mit denen wir uns nahe fühlen. Es ist unser Hunger, unsere Sehnsucht nach Liebe, Geborgenheit, Anerkennung. Und hier und dort machen wir die Erfahrung, dass dieser tiefe Hunger gestillt wird, wenigstens gelegentlich, zeitlich begrenzt. Aber deswegen bleibt diese Sehnsucht, dieser „Hunger nach mehr“. „Ich bin das Brot, das diesen tiefen Lebenshunger stillen kann“, sagt Jesus. Wer mit mir verbunden bleibt, wird das wahre Leben entdecken, wird „ewig“ leben. Sind wir uns dessen bewusst? Ist das unsere Glaubensüberzeugung? Was tun wir, um die starke Verbundenheit mit Jesus lebendig zu erhalten und zu fördern? Versuchen wir unseren Lebenshunger von ihm stillen zu lassen, und wie?
Hier wird ja ganz klar, wie wichtig die regelmäßige Eucharistiefeier, die Mahlfeier mit Jesus ist, welchen zentralen Platz sie in unserem christlichen Leben hat. Hier hören wir immer, wie Jesus sagt: „Tut dies zu meinem Gedächtnis.“
Gedächtnis heißt nicht einfach Erinnerung. Es bedeutet „vergegenwärtigen“, in die Gegenwart holen, oder anders gesagt: Wir feiern hier und heute so, als ob hier und heute der Abendmahlssaal wäre. Jesus ist wirklich in unserer Mitte, wir teilen das Mahl mit ihm. Wir nehmen ihn wie Brot in uns auf, damit er in uns wirken kann, uns innerlich stärken kann – so wie Brot es tut.
Es ist der Sinn des heutigen Fronleichnamsfestes, uns darauf zu besinnen, was wir in jeder Eucharistiefeier wirklich tun. Ob dann unsere Messfeiern oft nicht etwas anders aussehen müssten, als reine Gewohnheit? In unserer jetzigen Zeit und Gesellschaft, die immer mehr entchristlicht wird, ist dieses klare Bekenntnis zu Jesus Christus mehr denn je notwendig. Es ist unser Glaube: Jesus stillt die Sehnsucht unseres Herzens. Er ist für uns wie Brot. Wir brauchen ihn „brotnötig“.