31.03.2013
Wenn ich mir die vielen Ostererzählungen in den Evangelien anschaue, dann muss ich feststellen, dass der Glaube an die Auferstehung ein langer Weg ist, den jeder Mensch verschieden bewältigt. Im heutigen Evangelium ist von drei Personen die Rede: Maria, Petrus und dem Jünger, den Jesus besonders lieb hatte.
Da ist Maria, die von einer inneren Unruhe getrieben sich auf den Weg zum Grab macht. Vielleicht will sie es auch nicht wahr haben und muss sich vergewissern, dass das kein schlechter Traum, sondern harte Realität ist: Der, dem sie so viel verdankt, lebt nicht mehr. Maria entdeckt das leere Grab und ihre logische Überlegung lautet: Man hat den Leichnam Jesu weggenommen. Maria braucht mehr. In der darauffolgenden Szene sieht sie nur einen Gärtner, erkennt Jesus nicht. Erst als sie sich von Jesus persönlich bei ihrem Namen angesprochen fühlt, gehen ihr die Augen auf.
Petrus beobachtet genau die Lage im Grab. Er kann die Zeichen nicht recht deuten. „Er sah die Leinenbinden und das Tuch, mit dem sie Jesus das Gesicht bedeckt hatten. Dieses Tuch lag nicht bei den Binden, sondern war getrennt davon zusammengelegt.“ Bei einem Raub hinterlässt man nicht so eine Ordnung. All das sprengt sein Denken. Paulus denkt nicht an eine Auferstehung. Nur im anderen Jünger dürfte da etwas wie Glaube aufkeimen.
Drei verschiedene Menschen, drei verschiedene Reaktionen. Die Tatsache, dass das Grab leer ist, ist kein direkter Grund an eine Auferstehung zu glauben. Warum auch? Die Juden glaubten schon an eine allgemeine Auferstehung, am Ende der Zeiten. Aber kein Mensch kam auch nur auf den Gedanken, dass so etwas jetzt schon passieren könnte.
Beim Evangelisten Markus sind es mehrere Frauen, die das leere Grab entdecken. Sie flüchten aber voller Angst und erzählen niemandem davon. Paulus erzählt in seinem Brief an die Korinther: Der Auferstandene Jesus erschien dem Petrus, dann den Zwölf. Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen. Danach erschien er dem Jakobus, dann allen Jüngern. Als Letztem von allen erschien er auch mir.
Es war also nicht das leere Grab, sondern die ganz persönlichen Erfahrungen, die so viele gemacht haben. Diese Erfahrungen waren so tief, so umwerfend und erschütternd, dass sie diese Menschen vollkommen verändert, verwandelt haben. Eine neue Kraft hat von ihnen Besitz ergriffen. Solche tiefe Erfahrungen zu beschreiben, ist fast nicht möglich. Sie versuchen es in der Form von Erscheinungs-erzählungen, Begegnungserzählungen, ganz dezent, ohne konkrete Details, in Bildern. Wie sollten sie es sonst machen? Aber über diese Erfahrungen konnten sie nicht schweigen. Sie sind auf die Straßen gegangen, haben Gemeinden gegründet, viele haben ihr Leben dafür hingegeben, eine Weltbewegung ist entstanden: Das Christentum.
In der ganzen Menschheitsgeschichte, in allen Kulturen, haben Menschen immer daran geglaubt, dass das Grab nicht das Ende eines Lebens ist, sondern das Ende einer Lebensphase und zugleich Anfang einer neuen Lebensphase. Nur die Vorstellungen über die Art des Weiterlebens sind sehr unterschiedlich: Ist es nur die Seele die weiterlebt, wie im griechischen Altertum geglaubt wurde? Geschieht das Weiterleben durch eine Wiedergeburt, wie östliche Religionen sagen? Der christliche Glaube redet von etwas ganz anderem: Auferstehung, oder besser Auferweckung durch Gott.
Was ist also geschehen zwischen dem Tod Jesu und den Begegnungen mit ihm nachher? Das wird in der Bibel nicht beschrieben, aber man hat dafür ein Bild verwendet, das man damals im Judentum schon kannte: „Auferstehung“! Gott hat Jesus aus dem Tod auferweckt, wie man jemanden aus dem Schlaf aufweckt. Da nur Gott Macht über den Tod hat, ist er es, der Jesus neues Leben gegeben hat, das von einer anderen Art und einer anderen Qualität ist, als sein Leben vorher. Das übersteigt unsere menschliche Phantasie. Aber wenn wir zu diesem Gott Vertrauen haben, dann ist es nicht mehr so wichtig, wie diese neue Existenzform genau ausschaut. Wichtig ist nur: Es wird für uns gut, schön und beglückend sein. All dies feiern wir zu Ostern, am Fest der Auferstehung.