ALLERHEILIGEN

2014

Evangelium nach Matthäus (5,1-12a)

Gedanken zum Fest

Wer will schon ein Heiliger sein? Wer will schon in den Augen der anderen „heilig“ scheinen? Denn mit „Heilig-Sein“ verknüpft man: Über den „normalen“ Menschen erhoben, abgehoben sein, immer mit einem Heiligenschein. Deswegen auch irgendwie weltfremd. Man hat die großen, berühmten Heiligen so hoch auf ein Podest gehoben, dass an ihnen fast nichts Menschliches mehr übrig geblieben ist. Wer will also schon so ein Heiliger sein? Aber warum feiern wir dann das Fest „Allerheiligen“?

Hier ist etwas falsch gelaufen. Man hat Heilig-Sein mit „moralisch-vollkommen“, Fehlerlos-Sein gleichgesetzt. Aber alle großen Heiligen hatten auch ihre klein-menschlichen Seiten, sogar gröbere Charakterfehler, wodurch sie im Umgang mit ihren Mitmenschen oft nicht einfach waren.

Und überlegen wir einmal, warum der Apostel Paulus in seinen Briefen seine Christen einfach „Heilige“ nennt, obwohl er sie in demselben Brief streng zurechtweist, weil sie sich in der Gemeinde falsch verhalten. Trotzdem sagt er: „Ihr Heiligen“! Er versteht also das „Heilig-Sein“ anders als viele es heutzutage verstehen.

Was ist also gemeint mit „Heilig-Sein“? Heilig (sakral) steht gegenüber „weltlich“ (profan). Heilig ist, was oder wer zum Bereich Gottes gehört, zum Reich Gottes und nicht zu einer Welt, in der Gott nicht vorkommt.

Zu Gott, zum Reich Gottes, gehören Menschen, die sich das Denken und Handeln von Jesus zu eigen machen. Menschen, die ihren Alltag bewusst als Gläubige gestalten. Menschen, die ganz bewusst zu Gott und zu Jesus gehören wollen, die ihr Leben mit Gott und mit Jesus leben. Menschen, die immer wieder versuchen ihre Beziehung zu Gott und zu Jesus zu vertiefen und intensiver zu machen und so immer mehr zu ihm gehören, immer „heiliger“ werden - aber sich trotzdem dessen bewusst bleiben, dass sie nur Menschen sind mit Unvollkommenheiten und Fehlern, immer nur unterwegs zu Gott und zu Jesus.

Gott, er allein, wird einmal ihre tiefste Sehnsucht erfüllen. Das ist ihre große Vision, die aber schon jetzt beginnt, Wirklichkeit zu werden.

Im heutigen Evangelium, am Anfang seiner Bergpredigt, gratuliert Jesus solchen Menschen: Selig, glücklich seid ihr, denn ihr gehört jetzt schon zum Reich Gottes. Und welche Menschen preist Jesus glücklich? Es sind

- Menschen, die in ihrem Leben anerkennen, wie arm sie vor Gott sind, wie wenig Referenzen sie Gott vorlegen können und deswegen alles von ihm erwarten

- Menschen, die keine Gewalt anwenden

- Menschen, die sich anderer in Not erbarmen und anderen gegenüber barmherzig sind

- Menschen, die ein offenes, ehrliches Herz haben ohne Hintergedanken

- Menschen, die Frieden bewirken

- Menschen, die - weil sie im Sinne Gottes leben - Nachteile erfahren, verleumdet, ja sogar verfolgt werden.

All diese Menschen, die sich also der Liebe zu Gott und zu den Mitmenschen (worüber wir am vergangenen Sonntag geredet haben) verschrieben haben. Sie sind glücklich, weil sie zu einem gelingenden Leben gefunden haben, zu Gott und zu seinem Reich gehören, also „Heilige“ sind.

Am Fest Allerheiligen denken wir an all diese Menschen, die so eine Lebensweise versucht haben und es immer noch versuchen. Dieses Fest lädt uns ein, es selbst immer wieder zu versuchen, trotz der Rückschläge und Misserfolge. Es geht um ein Leben in guter Beziehung zu Gott und zu den Mitmenschen, hier und jetzt, mitten in dieser Welt, so wie sie ist.

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