20. April 2014
Jedes Mal wenn ich eine Begräbnisfeier leite, denke ich: Welche Bedeutung hat das Leben dieses Menschen gehabt? War er trotz allem glücklich? Warum hat der eine Mensch es im Leben so schwer und hat der andere es viel leichter? Was ist der Mensch, was ist das menschliche Leben wert, wenn wir bei einer Beerdigung nur das, was von einem Menschen übrig geblieben ist, in das Grab hinunterlassen und es mit Erden zuschütten?
Wer sind wir? Woher kommen wir? Und noch viel wichtiger: Wohin gehen wir? Gehen wir nirgendwo hin? Beschränkt sich unser Leben auf diese wenigen Jahre auf Erden um dann endgültig zerstört zu werden, sich im Nichts aufzulösen? Hat das Leben dann wirklich einen Sinn? Ist dann nicht jeder Sinn, den wir dem Leben abringen, eine Illusion?
Als Christen glauben wir: Unser Leben ist mehr. Es geht über die Grenze des Todes hinaus. Wir werden „ewig“ leben, und zwar weil es einen Gott gibt, der uns mag, der uns deswegen aus dem Tod herausholt und uns eine neue, unzerstörbare Existenz schenkt, in der es kein Leid und keinen Tod mehr gibt und wo wir diesen tiefen Frieden erfahren, nach dem wir uns ein Leben lang sehnen. Das ist unser Glaube, unser Osterglaube, der sich auf das Geschehen mit Jesus von Nazareth zu Ostern stützt.
Sicher, dieser Glaube entsteht nicht von selbst. Er muss wachsen, reifen. So wie bei den ersten Christen, den Freunden von Jesus. Es war für sie alles andere als selbstverständlich. Es war so unvorstellbar: Dieser grausamen Tod von Jesus, das absolute Ende, sein endgültiges Scheitern. Vorbei ist der Traum von einer neuen Welt Gottes. Und dann geschehen mit diesen Menschen Sachen, die unerklärbar sind, die sie vollkommen durcheinander bringen, und mit denen sie ringen müssen.
Das heutige Evangelium ist dafür ein Beispiel: Sie finden das Grab leer, aber deswegen denken sie nicht sofort an eine Auferstehung. Ist der Leichnam gestohlen worden, wie Maria denkt? Aber bei einem Raub wären doch die Leinenbinden und Totentücher nicht so fein säuberlich an Ort und Stelle liegen geblieben. Vom Jünger, den Jesus besonders liebte, heißt es: „Er sah und glaubte“. Was er glaubte, wird nicht gesagt. Heißt es: Er fing an zu glauben? Von Petrus wird überhaupt nicht gesagt, was er sich denkt. Aber von allen dreien wird gesagt: „Sie hatten die Heiligen Schriften noch nicht verstanden, in denen doch steht, dass Jesus vom Tod auferstehen würde.“
Sie brauchen noch weitere Erfahrungen, damit sie zum Glauben kommen. Es ist ein langer Weg, auf dem diese Wahrheit sich immer mehr erschließt. Das bezeugen auch die vielen anderen Erzählungen, die wir in dieser Osterzeit noch hören werden: Maria von Magdala selbst, die Jesus, anschließend erkennt, weil er sie persönlich beim Namen ruft, obwohl sie vorher dachte, es wäre der Gärtner.
Auch Thomas bleibt kritisch. Er glaubt nicht sofort und braucht weitere Erfahrungen mit Jesus. Den beiden Jüngern, die unterwegs nach Emmaus sind, gehen erst im Nachhinein die Augen auf. Die Jünger, die um Ufer des Sees von Jesus eingeladen werden, mit ihm Fisch zu essen, trauen zuerst ihren Augen nicht … und so weiter. Alles Erzählungen, die erklären wollen, wie diese Menschen langsam zur Überzeugung gekommen sind: Jesus lebt. Er wurde von Gott auferweckt. Er ist nicht in seine bisherige Lebensweise zurückgekehrt, sondern in einer neuen Existenzweise.
Der Tod ist nicht das Ende, auch nicht für uns. Weil er uns liebt, möchte Gott, dass wir leben – immer, ewig. Sagen Sie das einmal ganz langsam und deutlich zu sich selbst: Ich werde ewig leben! Ostern ist die Antwort auf unsere tiefste Sehnsucht: Wir möchten nicht sterben und auf immer ausgelöscht werden. Durch das Geschehen mit Jesus können wir sagen: Frohe Ostern.