34. SONNTAG im Jahreskreis -
Christkönig
22. November 2015
Gedanken zum Fest
Folgendes scheint historisch zu sein: Als gegen Ende des Zweiten Weltkrieges die gegen Hitler verbündeten Großmächte über die Zukunft Europas berieten, schlug ein Diplomat vor, auch einen Vertreter des Vatikans zur Konferenz einzuladen. Der Sowjet-Diktator Josef Stalin lehnte dies ab mit der einfachen Frage: „Wie viele Divisionen hat der Papst?“ Im Denken dieses Diktators war Herrschen nur mit militärischer Gewalt möglich. Ohne diese Macht hat man keine Bedeutung.
Jesus hatte andere Vorstellungen über „Herrschen“: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“, antwortet er auf Pilatus, als dieser ihn fragt, ob er ein König sei. Sein Reich, sein Machtbereich ist nicht so, wie man sich das in dieser Welt vorstellt.
Ein „Reich“ ist ein Machtbereich, wo man das Sagen und Einfluss hat, wo alles nach dem Willen des dort Herrschenden verläuft. Im Reich Gottes herrscht Gott, „setzt er sich durch“: Es ist der „gottdurchsetzte“ Bereich.
Jesus ist König in diesem Reich Gottes, in der neuen Welt Gottes, in der es kein Verbrechen, keine Ausbeutung, keinen Betrug, keinen Terror, keinen Hass mehr gibt, weil Menschen an die Macht der Liebe glauben und danach handeln. Im Reich Gottes gilt nur ein Grundgesetz: Liebe zu Gott und zu den Mitmenschen. Jesus bezeugt diese „Wahrheit“. Gemeint ist: die Wirklichkeit Gottes. Im Johannesevangelium sagt er sogar: „Ich bin die Wahrheit.“ Für die Wahrheit Zeugnis ablegen: Die Herrschaft Gottes verkünden in einer Welt, die meint ohne Gott auszukommen. Aber Gott ist da, er ist eine Wirklichkeit, die unser Leben fördern und schöner machen will.
Das ist die Welt, das Reich Gottes, für das Jesus sich total eingesetzt hat. Hier ist er der König. Sein Reich ist nicht von dieser Welt heißt nicht, dass er „weltfremd“, realitätsfremd ist, ein weltfremder Träumer. Er will diese Welt korrigieren, der Welt deutlich machen, dass sie - mit ihrem Machtstreben, das nur Leid, Gewalt und Tod bringt - auf dem falschen Weg ist.
Gott setzt sich durch, Gott ergreift mich, ich stehe in seiner Macht. Diese Macht aber zerstört mich nicht, unterwirft mich nicht, sondern macht mich frei. Sie macht keine Angst. Sie ist die Macht der Liebe, die uns unsere menschliche Würde gibt.
Ich spüre sie in den Augenblicken des Glücks, in „hochzeitlichen“ Momenten, wo ich mich von ihm geliebt fühle. Dann ist sein Reich da, mitten in meinem Leben.
Jesus will uns für dieses Reich empfindlich machen. Er will uns dafür gewinnen. Jesus regiert dann in meinem Leben wie ein König, wenn er mich inspiriert, mein Denken, Fühlen und Handeln mit seinen Vorstellungen, Werten und Beispielen anregt. Wenn ich Jesus immer wieder frage, in jeder Situation, in der ich mich entscheiden muss: „Jesus, was würdest du jetzt an meiner Stelle tun?“ Wenn ich sein Anliegen zu meinem mache, wenn ich mich damit identifiziere. Wenn mein ganzes Streben darin besteht, in meinem Leben eine gute Beziehung sowohl zu Gott als zu meinen Mitmenschen zu pflegen - eine Beziehung, die dann „gut“ ist, wenn sie von Liebe durchdrungen ist.
Wer sich auf Jesus und sein Reich einlässt, merkt, dass manches in seinem Leben relativiert wird und anderes größere Bedeutung bekommt.
Jesus herrscht in meinem Leben, aber er „beherrscht“ mich nicht. Er lässt mir meine Einmaligkeit, meine Freiheit. Deswegen lasse ich mich - in Freiheit - von ihm leiten, wie von einem König. So bin ich ein Christ und hat das Fest Christkönig für mich einen tiefen Sinn.