ALLERHEILIGEN

„Ich bin ja kein Heiliger!“ sagt man, und denkt sich dabei „Und ich möchte auch keiner sein!“ Wer so denkt, geht davon aus, dass ein Heiliger ein Super-Frommer, ein moralisch Fehlerloser ist, einer der von den „normalen“ Menschen abgehoben ist und dadurch weltfremd wirkt. Ist das nicht ein Missverständnis?

Was ist gemeint mit „Heilig-Sein“? Heilig (sakral) steht gegenüber „weltlich“ (profan). Heilig ist, was oder wer zum Bereich Gottes gehört, zum Reich Gottes, statt zu einer Welt, in der Gott nicht vorkommt und die man dann eine “profane” Welt nennt.

Überlegen wir einmal, warum der Apostel Paulus in seinen Briefen seine Christen einfach „Heilige“ nennt, obwohl er sie in demselben Brief streng zurechtweist, weil sie sich in der Gemeinde falsch verhalten. Trotzdem nennt er sie: „Ihr Heiligen“! Nicht, weil sie “fehlerlos” und “ohne Schuld” sind, sondern weil sie zu Jesus Christus gehören und dadurch „heilere“, das „Heil“ findende, zur Welt des „Heiligen Gottes“ gehörende Menschen sind.

Zu Jesus, zu Gott, zum Reich Gottes, gehören Menschen, die sich das Denken und Handeln von Jesus zu Eigen machen. Menschen, die ihr Leben bewusst als Christen gestalten. Menschen, die ganz bewusst zu Gott und zu Jesus gehören wollen, die ihr Leben mit Gott und mit Jesus leben. Menschen, die immer wieder versuchen ihre Beziehung zu Gott und zu Jesus zu vertiefen und intensiver zu machen und so immer mehr zu ihm gehören, immer „heiliger“ werden - aber sich trotzdem dessen bewusst bleiben, dass sie nur Menschen sind mit Unvollkommenheiten und Fehlern, immer nur unterwegs zu Gott und zu Jesus. Gott, er allein, wird einmal ihre tiefste Sehnsucht erfüllen. Das ist ihre große Vision, die aber schon jetzt beginnt, Wirklichkeit zu werden.

Im heutigen Evangelium, am Anfang seiner Bergpredigt, gratuliert Jesus solchen Menschen: Selig, glücklich seid ihr, denn ihr gehört jetzt schon zur Welt, zum Reich Gottes. Und welche Menschen preist Jesus glücklich? Es sind

- Menschen, die in ihrem Leben anerkennen, wie arm sie vor Gott sind, wie wenig Referenzen sie Gott vorlegen können und deswegen alles von ihm erwarten

- Menschen, die keine Gewalt anwenden

- Menschen, die sich anderer in Not erbarmen und anderen gegenüber barmherzig sind

- Menschen, die ein offenes, ehrliches Herz haben ohne Hintergedanken

- Menschen, die Frieden bewirken

- Menschen, die - weil sie im Sinne Gottes leben - Nachteile erfahren, verleumdet, ja sogar verfolgt werden.

All diese Menschen, die sich also der Liebe zu Gott und zu den Mitmenschen (worüber Jesus am vergangenen Sonntag geredet hat) verschrieben haben. Sie werden glücklich genannt, weil sie zu Gott und zu seinem Reich gehören, also „Heilige“ sind.

Am Fest Allerheiligen denken wir an all diese Menschen, die ganz bewusst so eine Lebensweise versucht haben und es immer noch versuchen. Es sind Menschen die dadurch Großartiges verwirklicht haben, dadurch unter den Christen bekannt geworden sind, aber auch Menschen die in aller Bescheidenheit so leben, auch in unserer eigenen Umgebung. Das Fest Allerheiligen lädt uns ein, an sie zu denken, uns von ihnen inspirieren zu lassen, auch so konsequent christlich zu leben, es wenigstens zu versuchen, trotz aller Rückschläge und Misserfolge.

Es geht um ein Leben in guter Beziehung zu Gott und zu den Mitmenschen, hier und jetzt, mitten in dieser Welt. Dann ist dieses Fest auch unser Fest, denn dann gehören auch wir zu dieser neuen Welt Gottes und werden dadurch „geheiligt“ und „heilere“ Menschen.

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