CHRISTTAG
Evangelium nach Johannes (1,1-14)
Weihnachten anders. Dieses Weihnachtsevangelium von Johannes ist nicht eine rührende Geschichte von einer Krippe und einem Kind, wie bei Lukas. Johannes verwendet eher hochgeistige Worte und Formulierungen, die die tiefe Bedeutung von Jesus für uns zum Ausdruck bringen wollen. Bei seiner Darstellung der Geschichte Jesu geht es um nichts weniger als um Gott selbst, der im Leben und Wirken von Jesus vernehmbar wird. Davon will Johannes seine Leser und Zuhörer überzeugen.
Was ist mit der Geburt Jesu in der Welt anders geworden? Mit Begriffen wie „Wort“ (griechisch »logos«), „Licht“ und „Fleisch“ versucht er das zu verdeutlichen.
Der griechische Begriff »logos« kann mit „Wort“, „Geist“ oder auch „Sinn“ übersetzt werden. Jede dieser Übersetzungen trifft einen Teil des im Begriff »logos« Enthaltenen. Gott, der Anfang, aus dem alles geschaffen ist, der Ursprung, der alles zusammenhält und Sinn gibt, Gott hat gesprochen. Der große, unfassbare Gott, der das sich immer noch ausdehnende Universum, in dem Leben und bewusstes Leben entstanden ist, ins Dasein gerufen hat, hat sich selbst mitgeteilt. Gott spricht in gleicher Weise wie bei der Schöpfung. Er sprach und es geschah. So kommt er auch in Jesus zur Wirkung.
„Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott schon gesprochen durch die Propheten“, heißt es im Hebräerbrief. Immer wieder hat Gott sich mit den Menschen in Beziehung gesetzt und diese Beziehungen neu zu knüpfen versucht, auch dann, wenn der Mensch sie mit seinem »Nein« abgebrochen hatte.
Gott lässt die Menschen nicht los. Mit Jesus versucht Gott es aufs Neue, wie noch nie da gewesen. Er schickt Jesus zu den Menschen, spricht und handelt in ihm. Er offenbart den tieferen Sinn der Schöpfung, des gesamten Daseins. Mit Jesus wird der vom Schöpfer hineingelegte Sinn erkennbar und sichtbar. In Jesus spricht und handelt Gott selbst. In Jesus kommt Gott zu Wort.
Deswegen ist dieser Jesus für uns wie ein Licht. In der Schöpfungserzählung erschafft Gott das Licht mit den Worten "Es werde Licht". Das Licht überwindet die Finsternis. Mit Jesus kommt Licht in die Welt. Dieses Licht erhellt das Leben aller, die ihn aufnehmen und bereit sind, Kinder Gottes zu werden. In Jesus bringt Gott Licht in unsere Welt, die oft dunkel und düster ist: Krieg, Terror, menschenverachtende Situationen, Heimatlosigkeit, Flucht, Elend, Hunger, Angst, Krankheit, das Gefühl der Aussichtslosigkeit und Verlorenheit. Die Finsternis ist oft groß, aber Gott gibt uns Hoffnung, macht uns Mut, wir sollen nicht verzweifeln: Er hat das letzte Wort. Er zeigt uns den richtigen Weg, lässt sein Licht unsere Lebenswege beleuchten, damit wir den richtigen Weg erkennen und gehen. Jesus ist die Personifizierung dieses Lichtes. Er zeigt uns den richtigen Weg.
Der Logos, der Sinn, der Geist, das Licht hat Fleisch angenommen, ist leibhaft sichtbar, spürbar geworden. Gott wird greifbar in Jesus. "Und das Wort ist Fleisch geworden", sagt das Weihnachtsevangelium. Damit erweist sich Gott als das Wort, das uns Menschen auf Augenhöhe anspricht - er hat sich uns angepasst, damit wir ihn verstehen können. Gott bekommt ein menschliches Gesicht in Jesus. Gott zeigt sich als ein Gott, mit dem man vertraut werden kann, zu dem man eine Vertrauensbeziehung haben und bei dem man sich geborgen fühlen kann.
Das Drama ist nun aber, dass das Licht in der Finsternis leuchtet, und die Finsternis es nicht ergreift. Gott wendet sich der Welt, seinem geschaffenen Eigentum zu, aber diese Welt erkennt ihn nicht. Seine Kinder nehmen ihn nicht auf. Sie haben Jesus umgebracht. Sie wollten ihn mundtot machen. Aber Gott ließ das nicht zu. Er hat Jesus auferweckt und so gezeigt, dass er das letzte Wort hat. So ist Jesus das Wort, das Licht von Gott für die Menschen geblieben, auch für uns heute.
Das ist die Weihnachtsgeschichte, die für unser Leben und für unser Menschsein bestimmend ist. Als Christen nehmen wir Jesus auf, anerkennen ihn als Gottes Wort und Licht für uns. Deswegen dürfen wir uns als von Gott geliebte Kinder betrachten. Diese Freude sprechen wir aus wenn wir sagen: „Gesegnete Weihnachten“.