OSTERNACHT

 

In einem Buch, in dem eine Autorin erklären und begründen will, „Warum ich mir den Glauben nicht nehmen lasse“, fragt sie: „Ist der Tod das Ende, der Schlusspunkt? Dann wird das Leben zu einer Zitrone, aus der ich das Maximum herauspressen muss, das Äußerste an Genuss (Spaß), Macht und Besitz. Die Folge ist eine Todesangst, die in Lebensangst mündet: Angst vor Krankheiten, Schmerzen, Unfällen, eine panische Ichsucht. Die heimliche, verdrängte Angst „unterzugehen“, „zu Grunde zu gehen“. - Und deswegen sagt die Autorin: „Je geringer der Glaube an Gott ist, umso größer ist die Angst vor dem Tod.“ - Wenn es keinen Gott gibt, was ist dann noch das Leben, das mit dem Tod endgültig abgebrochen wird?

Auf diese Fragen gibt das Osterfest eine Antwort! Zu Ostern feiern wir, dass der Tod nicht das Ende ist. Er ist der Übergang zu einer neuen Lebensweise, einer neuen Art zu existieren in einer Welt, wo es keine Not, keine Tränen, keine Angst, keine Gewalt, keine Zerstörung, keinen Tod mehr gibt: Die neue Welt Gottes, das Reich Gottes, in dem unsere tiefsten menschlichen Sehnsüchte erfüllt werden. Das übersteigt unser menschliches Vorstellungsvermögen, aber ist es deswegen weniger real? Versuchen wir einmal zu sagen, was wir uns unter „Glück“ oder sogar „unendlichem Glück“ vorstellen! Wir schaffen das nicht, und trotzdem gibt es diese tiefe Sehnsucht in uns nach diesem Glück. Der Mensch wäre ein tragisches, sinnloses Wesen, wenn es dieses Glück, diese Erfüllung, nach der er sein ganzes Leben lang trachtet, nicht gäbe.

Das ganze Leben von Jesus von Nazareth, seine Worte und Taten und auch das Geschehen bei seinem Tod, sind für uns der Grund, warum wir an so ein neues Leben und an so ein endgültiges Glück glauben. Wenn wir wirklich verstanden haben, was Jesus uns über Gott sagen will, wie dieser Gott zu uns steht, dann ist es sinnvoll und vernünftig, an so ein Leben, das den Tod übersteht, zu glauben. Jesus hat gezeigt, dass dieser Gott für uns das Leben will, nicht den Tod.

 Hier passt die Aussage eines Philosophen: „Einen Menschen lieben heißt sagen: Ich möchte nicht, dass du stirbst.“ Weil Gott uns liebt, werden wir nicht zu Grunde gehen, auch nicht wenn wir sterben. Dieser Gott, der alles geschaffen hat, alles mit Leben erfüllt hat und erfüllt, er erfüllt uns bei unserem Sterben mit neuem Leben. Das hat er gezeigt in Jesus, nach dessen Tod seine Freunde die Erfahrung gemacht haben: Er ist nicht tot, er lebt! Diese unfassbare Erfahrung haben sie dann so gedeutet und umschrieben: Gott hat Jesus „auferweckt“, wie wenn er ihn aus einem Schlaf aufgeweckt hätte.

Das ist es, was wir zu Ostern feiern. Es ist ein Fest der Hoffnung und der Zuversicht, ein Fest des Vertrauens und Glaubens an einen Gott des Lebens. Und da verstehe ich, was Paulus meint, wenn er sagt: „Wenn Gott Jesus nicht auferweckt hat, dann ist unser ganzer Glaube sinnlos, ein Märchen, wertlos.“ Bei seinem furchtbaren Tod am Kreuz hat alles danach ausgeschaut, dass Jesus vollkommen gescheitert war. Alles, was er über Gott und über das kommende Reich Gottes gesagt hatte, wurde unglaubwürdig, schien ein schöner Traum, eine Illusion gewesen zu sein. Für die Freunde von Jesus war alles aus. Was hat sie dann so verändert, dass sie wieder an Jesus geglaubt haben und ihr Leben für ihn aufs Spiel gesetzt haben? Es war die Erfahrung: Jesus lebt. Und das konnten sie nur so erklären, dass Gott ihn auferweckt hat. Hätten sie diese Erfahrung nicht gemacht, hätten sie nie mehr über Jesus geredet, und wir hätten nie etwas über Jesus erfahren.

Unser Vertrauen auf Gott bewirkt in uns das Gefühl der Befreiung, der Erlösung von Tod, Angst und Ausweglosigkeit. Das trifft unser tiefstes Wesen und Menschsein. Es lässt uns uns selbst, unsere Mitmenschen und unsere Welt mit anderen Augen betrachten. Ich glaube an das unzerstörbare Leben, weil Gott es gut mit uns meint, denn das hat er in Jesus gezeigt.

Deswegen ist Ostern unser größtes Fest. Ich wünsche Ihnen ein frohes, gesegnetes Osterfest!

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