1. ADVENT

2. Dezember 2012

Evangelium: nach Lukas (21,25-28. 34-36)

Und Jesus sagte: Es werden Zeichen an Sonne, Mond und Sternen erscheinen. Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen sollen. Dann wird man den Menschensohn mit großer Macht und Herrlichkeit in einer Wolke kommen sehen. Wenn das geschieht, dann richtet euch auf und fasst Mut; denn eure Erlösung ist nahe. Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euch nicht verwirren und dass jener Tag euch nicht plötzlich trifft wie eine Falle. Bleibt immer wach und betet, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt.

Gedanken zum Evangelium

Die Adventzeit ist eine Chance um unseren Glauben zu festigen und zu vertiefen, neu zu beleben. Es ist aber die Frage, ob wir dieses Bedürfnis haben …

Unser Alltag, die Sorgen und Nöte, die Anforderungen jeden Tages kosten Kraft und Nerven. Leicht werden wir müde und haben die Neigung, alles das, was uns entbehrlich erscheint, einfach zu lassen. Schnell zählen wir auch unser Glaubensleben, das Gebet und den Gottesdienst, dazu. Oder wir lassen uns betäuben, verschließen die Augen vor den Grenzen unserer Existenz. Wir vergessen unsere Vorläufigkeit und Endlichkeit. Oft sind irgendwelche Katastrophen in der Welt oder in unserem eigenen Leben notwendig, damit wir wachgerüttelt werden. Gerade darum geht es in den biblischen Lesungen am Anfang der Adventzeit.

Der Evangelist Lukas blickt auf die Zerstörung Jerusalems 70 n. Chr. zurück. Die Römer hatten durch die Zerstörung der Stadt und des Tempels – das Zentrum des religiösen Lebens - gründlich zerstört. „Die Völker werden bestürzt und ratlos sein“ – „die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden“. Die Bewohner Jerusalems hatten eine Katastrophe von diesem Ausmaß nicht erwartet.

Katastrophen, Erdbeben, Fluten, Kriege, Terroranschläge, aber auch persönliche Schicksalsschläge, wie eine tödliche Krankheit oder der Tod eines nahestehenden Menschen … sind alles Zeichen, nicht unbedingt für „das Ende der Welt“, sondern für die Zerbrechlichkeit und Vorläufigkeit unserer Existenz und unserer Welt. Der Evangelist erinnert an all diese Dinge, nicht um Angst zu machen, sondern um wach zu rütteln. Seid wachsam!

Wir müssen uns klar darüber sein, dass wir alles, was wir tun, irgendwann zum letzten Mal tun werden. Jeder von uns wird irgendwann zum letzten Mal an seinen Arbeitsplatz gehen, zum letzten Mal in den Urlaub fahren, zum letzten Mal den Partner oder die Partnerin in den Arm nehmen, und auch ich werde eines Tages meine letzte Predigt halten.

Aber im Lichte unseres Glaubens soll all dies kein Grund zur Panik werden. Jesus sagt: „Bleibt immer wach und betet, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor Gott treten könnt.“ Ein gläubiger Mensch ist wachsam, ist ein Realist. Er weiß um und vergisst nicht die Begrenztheit und Endlichkeit seiner Existenz. Aber das macht ihm keine Angst, denn er weiß: Keine Katastrophe in diesem Leben bedeutet einen radikalen Untergang und das endgültige Ende. Gott lässt uns dann nicht fallen, sondern kommt uns entgegen. Unser Menschsein, unser Leben, setzt sich fort in einer anderen Dimension. Die für uns neue Wirklichkeit tut sich dann endgültig auf. Habt also Vertrauen.

Dieses Vertrauen soll aber nicht schwach werden, seine Kraft verlieren. Unsere Vertrauensbeziehung zu Gott muss gepflegt werden. Wir müssen uns um sie kümmern. Sonst schläft sie ein. Wir drohen immer wieder schlaff und müde zu werden, uns in einer Art bürgerlichem Sonntagschristentum einzurichten, wo Christsein nichts mehr mit Entschlossenheit und Glaube nichts mehr mit Wagnis zu tun hat. Seid wachsam. Glaube bewusst, nicht so nebenbei. Bete. Sprich zu Gott, vertraue ihm all deine Sorgen, Freuden und Dankbarkeit an. Bring dein Leben vor Gott zur Sprache. Lebe es, in Verbindung mit Gott.

Darum geht es in dieser Adventszeit. Deswegen gibt es Roraten, Herbergssuchen, eine Stunde der Barmherzigkeit … Es sind alles Möglichkeiten unsere Beziehung zu Gott intensiver zu leben. Glauben wir nicht leichtfertig, dass wir das nicht brauchen und dass wir darauf verzichten können! Bleibt wach und betet!

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